Das Gefühl von einem unglaublich starken Appetit und Heißhunger nach dem Konsum von Cannabis ist seit hunderten von Jahren dokumentiert und etwas das jeder Cannabis-Nutzer kennt. Oft wird das Gefühl auch als “Fressflash” bezeichnet, in den USA als “Munchies”. Dieser appetitanregende Effekt kann für viele Patienten mit Esstörungen oder einer Krebserkrankung von großer Bedeutung sein und helfen die Symptome zu lindern wie zahlreiche Studien zeigen konnten.
Cannabinoide nehmen medizinisch relevanten Einfluß auf ihren Nutzer durch Wechselwirkungen mit spezifischen Rezeptoren im Körper.
In der Clinical Neuroscience July-August 2014 wurde eine Überprüfung veröffentlicht, die die verfügbare Forschung und Informationen über die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf das Körpergewicht untersucht. Die Ergebniss wollen wir im Folgenden kurz zusammenfassen:
Der Konsum von Cannabis kann wie oben beschrieben den Appetit anregen und zu Heißhunger führen. In Studien über die Wirkung von Cannabiskonsum bei Patienten, die an Kachexie (ungewollter Gewichtsverlust, Muskelschwäche, Müdigkeit, Appetitlosigkeit) und Anorexia, HIV litten, zeigte sich, dass der Marijuanakonsum nicht direkt das Körpergewicht erhöht. Vielmehr steigert der Konsum von Cannabis den Appetit, ermöglicht somit überhaupt eine Zunahme von Gewicht, und die Patienten bekommen dadurch mehr Kraft und Energie, die gesundheitlichen Voraussetzungen verbessern sich und andere Therapieformen können besser toleriert werden.
Große epidemiologische Studien an der Bevölkerung in diesem Zusammenhang haben gezeigt, dass regelmäßige Nutzer von Cannabis in der Regel einen niedrigeren Body-Mass-Index besitzen als Nichtnutzer. Dies ist etwas verwirrend und gleichzeitig paradox. So gibt es ebenso deutliche wissenschaftliche Hinweise, dass Cannabis dazu beitragen kann, den Appetit zu steigern und das Körpergewicht zu erhöhen. Es ist möglich, dass Marijuana metabolisch regulatorisch auf das Körpergewicht Einfluß nimmt und dieses erhöht bei Menschen mit zu geringem Gewicht, aber nicht bei denjenigen die normalgewichtig oder übergwichtig sind. Es werden in dem Zusammenhang noch weitere umgangreiche Studien notwendig sein um die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Marijuana und Körpergewicht zu klären.
Die physiologischen Effekte von Cannabinoiden auf Appetit / Gewichtsregulierung
Marijuana und dessen chemischen Komponenten, also die Cannabinoide und anderen wirksamen Stoffe aktivieren die Cannabinoid-Rezeptoren und scheinen unter anderem Einfluß auf die Regulierung des Essverhaltens auszuüben. In empirischen Untersuchungen von Vermuri et al (1) wird zusammenfassend festgestellt, dass die Endocannabinoide wichtige Biomediatoren und Stoffwechselregulatoren in der Säugetier-Physiologie mit vielfältiger und allgegenwärtiger modulierender Wirkung sind. Die beiden wichtigsten endogenen Cannabinoid-Rezeptoren im menschlichen Körper sind die CB1- und CB2-Rezeptoren, die sich überwiegend im Gehirn befinden, CB2-Rezeptoren kommen auch in immunrelevanten Geweben und Organen vor, wie Milz, Tonsillen, Thymus, Knochenmark, B-Lymphozyten und Monozyten/Makrophagen. Wegen ihres allgegenwärtigen Vorkommens im Nervensystem vermitteln CB1-Rezeptoren viele unterschiedliche Wirkungen, wenn sie von exogenen oder endogenen Cannabinoiden aktiviert werden.
Durch Tierstudien konnten Forscher ein besseres Verständnis dafür erlangen, wie Cannabis Einfluß auf den Appetit nimmt und die Signalwege im Körper ermitteln. Es gibt mehr als 480 natürliche Bestandteile, die in der Cannabis Sativa bislang gefunden wurden. Von diesen Bestandteilen wurden mehr als 60 als Cannabinoide klassifiziert.
Bisher wurden CB1-Rezeptor in mehreren Bereichen des Körpers gefunden:
- im Abschnitt des Hypothalamus und Hinterhirn: Regulation der Nahrungsaufnahme
- im Belohnungszentrum des Gehirns: man fühlt sich besser, wenn man etwas gegessen hat
- innerhalb des Magen-Darm-Gewebes: der Körper zeigt an, wenn wir hungrig sind
- im limbischen Vorderhirn: Nahrung erscheint uns schmackhafter
Laut Kirkham (2) führt eine Reizung der CB-Rezeptoren im Cannabinoidsystem von Säugetieren zu einem erhöhten Verlangen nach Essen und fördert die Ablagerung von Fett im Gewebe. In einer Studie mit 3617 Teilnehmern zwischen 18 und 30 Jahren wurde festgestellt, dass die Teilnehmer, die Cannabis konsumierten pro Tag mehr Kalorien zu sich genommen hatten und gleichzeitig einen niedrigeren BMI hatten als die Nichtkonsumenten. Eine andere Studie mit 10.623 Teilnehmern fand ähnliche Ergebnisse heraus. Unter den Teilnehmern waren jedoch auch gleichzeitige Tabakkonsumenten, so dass die Ergebnisse möglicherweise durch den Tabakkonsum mitbeeinflußt wurden.
In zwei weiteren Studien mit 41.633 Teilnehmern und 9103 Teilnehmern fanden die Wissenschaftler heraus, dass Fettleibigkeit häufiger bei Nichtkonsumenten als bei Cannabisnutzern auftritt (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21868374/). Der Prozentsatz der Teilnehmer, die übergewichtig waren und zugleich Nicht-Cannabis-Nutzer lag bei 22% bei der ersten Studie und bei 25,3% bei der zweiten Studie, wohingegen die Prozentzahl an Personen, die übergewichtig und zugleich Cannabis-Nutzer waren bei nur 14,3% lag (Studie 1) und bei 17,2% (Studie 2). Eine Studie mit 2566 jungen Erwachsenen in Australien kam zu ähnlichen Ergebnissen.
Zusätzlich fanden Autoren einer Tierstudie heraus, dass die Behandlung mit Extrakt aus der ganzen Cannabispflanze dazu führt, dass Ratten mit Fettlebigkeit langsamer Gewicht zunahmen als Ratten mit einem durchschnittlichen Gewicht. Dies weist darauf hin, dass die Verwendung von Therapieformen die über Cannabinoid-Rezeptor-Stimulation arbeiten, hilfreich sein können um Übergewicht zu kontrollieren.
HIV und Aids
Eine Cannabinoid-Therapie kann hilfreich sein zur Erhöhung des Gewichts bei HIV/Aids-Patienten, die unter anderem unter Kachexie leiden. Schätzungen zufolge gab es 2013 etwa 35 Millionen Menschen, die mit HIV leben und mehr als 2 Millionen Neuinfizierungen jedes Jahr.
In einem Überblick (“Effects of smoked marijuana in healthy and HIV + marijuana smokers.“) fand der Autor heraus, dass sowohl das gerauchte Cannabis als auch die gesetzlich zugelassenen Medikamente, die ausschließlich Delt-9-Tetrahydrocannabinol enthalten, den Appetit steigern können. Synthetischen Medikamente mit nur dem Cannabinoid THC werden von vielen Patienten jedoch als zu übermäßig beruhigend und weniger effektiv beschrieben, was mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Fehlen der anderen Canabinoide und dem Nichtvorhandensein eines ausgewogenen Cannabinoidprofils wie es bei der natürlichen Cannabispflanze vorliegt, zusammenhängt.
Innerhalb einer Studie mit HIV/Aids-Patienten erhielten die Teilnehmer ganze Cannabispflanzen, Dronabinol oder einen Placebo (nicht wirksame Substanz). Es zeigte sich dabei, dass sowohl die ganze Pflanze Cannabis als auch Dronabinol in der Lage waren, zuverlässig das Gewicht bei Patienten zu erhöhen, mehr als bei denjenigen, die einen Placebo erhielten.
Eine anderen Studie mit HIV-positiven-Patienten zeigte ebenfalls, das sowohl das natürliche Cannabis als auch Dronabinol gleichwertig in der Lage waren, sicher das Gewicht bei den Patienten zu erhöhen.
Krebs und Cannabis
Eine Studie mit 469 Patienten, die Dronabinol oder Megestrol erhielten machte deutlich, dass Megastrol eine höhere Gewichtszunahme verursacht als Dronabinol. Die gleichzeitige Behandlung von Dronabinol und Megestrol, war nicht effektiver als die Verwendung von Megestrol alleine. Megestrol gilt als effektiver Appetitanreger, dabei ist wichtig festzuhalten, dass das Medikament unter Umständen Nebeneffekte und Nebenwirkungen erzeugen kann, die ernsthafter als diejenigen sind, welche durch Dronabinol oder Cannabis hervorgerufen werden. Cannabis kann als Nebeneffekte Müdigkeit, Euphorie, Lethargie und evtl. Halluzinationen erzeugen und dies auch nur bei enigen wenigen Patiengruppen, die eine besondere Disposition dafür haben oder Cannabis nicht gewöhnt sind. Die Nebenwirkungen von Megestrol können unter Umständen: Beinschmerzen, Impotenz, Atembeschwerden, Brustschmerzen, Abnahme der Libido etc. sein.
Die Appetitstimulation mit Cannabis zur Verbesserung der Lebensqualität
Neben der Tatsache, dass durch Essen bestimmt Gehirnregionen stimuliert werden, die für Freude zuständig sind, stellt die Steigerung des Appetits für viele Patienten mit Gewichtsverlust einen wichtigen medizinischen Nutzen dar.
Wir Menschen sind so sozialisiert, dass für uns Nahrungsaufnahme und Essen einen Genuß und Freude bedeutet. Deswegen führt die Steigerung des Appetits mit Hilfe von Cannabis alleine schon für viel Patienten zu einer subjektiven Erhöhung der Lebensqualität und des Allgemeinbefindens.
Wie kommt es zu unterschiedlichen Forschungsergebnissen?
In einigen Studien zum Thema Gewicht/Appetit und Cannabis kommt es teilweise zu unterschiedliche Studienergebnissen (auch in anderen Bereichen). Dies hängt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit folgenden Faktoren zusammen:
- Unterschiedliche Ergebnisse sind abhängig von der Dosis, die gegeben wurde. Während beispielsweise beim Konsum von nur einer Cannabiszigarette am Tag kein nennenswerter Anstieg beim Essen zu verzeichnen ist, führen 2-3 Joints zu einem sichtbaren Anstieg des Essens (der Nahrungsmenge). Es werden vor allem mehr Snacks und Kleinigkeiten zusätzlich gegesssen.
- Unterschiedliche Ergebnisse hängen auch von der Häufigkeit des Gebrauchs ab. Ein kurzzeitiger Cannabiskonsum kann eher zu einer Gewichszunahme führen, während der Langzeitkonsum zu keiner Gewichtszunahme führt.
- Es ist sehr wahrscheinlich, dass Teilnehmer von Studien neben Cannabis noch weitere Substanzen zu sich nehmen (Medikamente, andere Drogen, Tabak), was zu einer Veränderung oder Verzerrung von Ergebnissen führen kann.
- Das Potenzial von Cannabis-Therapien als metabolische Regulatoren, kann möglicherweise bewirken, dass das Körpergewicht wie oben beschrieben bei denjenigen gesteigert wird, die ein zu niedriges Gewicht haben, während es bei Patienten mit normalen Gewicht oder Übergewicht keinen Einfluß nimmt.
Zusammenfassung
Vor allem das weitgefächerte Cannabinoidprofil der ganzen und natürlichen Cannabispflanze zeigte sich als wirkungsvoll bei der Stimulierung von Appetit. Ebenso und erstaunlicher Weise wenn es um die Kontrolle von Übergewicht geht. Die Stimulierung von Cannabuinoidrezeptoren kann helfen den Appetit wieder zu steigern und trägt gleichzeitig dazu bei, die Lebensqualität zu erhöhen. Der Zugang zu Cannabinoid-Therapien und der sichere Zugang zu natürlichem Cannabis ist auch in diesem Zusammenhang für viele Menschen nützlich und wichtig.
Im Rahmen von Studien, die sich mehr mit dem Thema Übergewicht und Cannabis beschäftigt haben, zeigte sich gleichzeitig, dass regelmäßige Cannabisnutzer durchschnittlich einen geringeren Bodymaßindex haben als Nichtnutzer. Hierbei wird wieder das breitgefächerte medizinische Potenzial der Cannabispflanze deutlich, die in sehr komplexer Weise wirkt und noch lange nicht erfasst ist.
- (1) Vemuri VK, Janero DR, Makriyannis A. Pharmacotherapeutic targeting of the endocannabinoid signaling system: drugs for obesity and the metabolic syndrome. Physiol Behav. 2008;93:671–686.
- (2) Kirkham T. Endocannabinoids and the neurochemistry of gluttony. J Neuroendocrinal. 2008;20:1099–1100
Cannabis-Sorten, die den Appetit anregen:
Hier sind einige Cannabis-Sorten, die besonders dafür bekannt sind, den Appetit anzuregen:
- 91 Krypt (DNA Genetics)
- Buddha’s Sister (Soma Seeds)
- Pineapple Kush (Royal Queen Seeds)
- Smile (Kannabia)
- Shark Attack (Dinafem)
- White Widow (Medical Seeds)
- StarBud Sister (Hortilab)
- weitere appetitanregende Cannabis-Sorten…
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Super hilfreiche Berichte !!!! Kann man auch gut im pflegerisch stationären Bereich einsetzten um zu überzeugen …
Extraprimagut